Simon Steen-Andersen: Buenos Aires
Musiktheater in fünf Szenen für fünf Stimmen und vier Musiker
(2014)Text, Musik, Regie, Bühne, Video: Simon Steen-Andersen
Neue Vocalsolisten
asamisimasa
1. Aria
in der Johanna zögernd ein Duett mit einem 1000 Hz Beep-Ton singt
2. Prozess
bei dem Johanna die volle Power von Indirektheit erfährt.
3. Love is in the Air
Der Titel sagt alles. Und am Schluss kommt der »Selbstsimulator« für einen Spaziergang zum Einsatz.
4. Mi manca la voce
Die Rollen werden getauscht und Johanna wird gebeten, Rossinis Arie »Mir fehlt die Stimme« zu dirigieren.
5. Tango dot
Johanna reist in die Stadt der »Guten Lüfte« und tanzt einen fatalen Tango.
Eine Koproduktion von Musik der Jahrhunderte mit dem Festival Ultima Oslo und dem Ensemble asamisimasa
Deutsche Erstaufführung bei ECLAT Festival neue Musik Stuttgart 2015.
Für manche Menschen–vielleicht ein bisschen weiter verbreitet bei Skandinaviern–ist die Hemmung, sich körperlich oder verbal auszudrücken, ein Teil der inneren Diktatur. Diese Diagnose wird vor allem evident in der Konfrontation mit Kulturen, die eher als »direkt« gelten, wie zum Beispiel die argentinische–auch wenn Argentinien manchmal das »Skandinavien Lateinamerikas« genannt wird.
In schweren Fällen von »zwanghafter Indirektheit« mag sich diese Konditionierung zu einer ernsten Behinderung entwickeln, die den Patienten zu immer größeren Umwegen zwingt. Auf der anderen Seite haben viele direkte Kulturen ihre eigene Geschichte der Diktatur–die brutale und fatale »äußere« Erscheinungsform des Phänomens–, und auch Menschen dieser Völker waren gezwungen, direkte Wege des Ausdrucks zu vermeiden.
In beiden Fällen–ohne diese in irgendeiner Weise gleichsetzen zu wollen–werden mögliche positive Nebeneffekte berichtet, die paradoxerweise auftreten und in seltenen Fällen zu sublimem Ausdruck, Intimität und Schönheit führen. Dieses Phänomen muss noch durch unabhängige Studien bestätigt werden.
Wie der Titel sagt, geht es bei Buenos Aires um gute Luft. Aber auch um schlechte Luft und Zensur in inneren und äußeren Formen. Oder vielleicht geht es um Stimme, Oper und die Absurdität, mittels Gesang zu kommunizieren, wie einer der Protagonisten der ersten Szene sagt, der drei Lösungen vorschlägt, um dieses offensichtliche Problem der Oper zu lösen:
1. Lasse die Charaktere nur singen, wenn auch in der Geschichte wirklich gesungen wird,
2. versetze die Geschichte in eine andere Realität, in der Gesang ein gebräuchliches Kommunikationsmittel ist oder
3. verwende die Stimme gar nicht, sondern finde alternative Wege der Kommunikation durch andere musikalische Nebenprodukte…
(Simon Steen-Andersen)